Frühling 2007
PARAnoia in der Provence
So, 1.4.2007 Jura
Die Flugferien fangen ja gut an: ich stehe ohne Fluginstrumente am Bahnhof! Taxi
nach Hause, Nachbarn aus dem Bett für Schlüssel, Bus und
nächster Zug. Gleichzeitig mit Roland treffe ich dann doch noch
in Oensingen ein, und in Matzendorf stösst auch noch Schufi
dazu und - niemanden sonst! Wir sind vollkommen alleine an der Oberen
Wengi... Was ist auch los???
Na ja, wir starten trotzdem. Schufi säuft ab, Roland und ich
geben uns dafür extrem viel Mühe und packen es! Als wir
mit etwas Höhe wieder über den Startplatz kommen, ist alles
wieder wie gewohnt voller farbiger Tücher, und bald ist die
Luft sehr schirmhaltig.
Nach einer Stunde lande ich auf der Ebene oben rein und verpflege mich. Ein knapper Start über die Bäume, dann fliege ich mit Schufi und Roland nach Westen. Die anderen drehen vernünftigerweise um, nur ich fliege weiter und versenkt mich in Welschenrohr, von wo mich schnell ein Postauto zurück bringt.
Auch Urs ist noch eingetroffen und geflogen, und so machen wir uns zu viert auf den Weg nach Annecy. Nach einem guten Abendessen kommt auch André an und wir gönnen uns noch den einen oder anderen Schlummi.
Mo, 2.4.2007 Annecy
Wir stehen viel zu früh am Landeplatz, die Sonne wird erst am Nachmittag richtig rein scheinen und für Thermik sorgen. Ruhiges Frühstücken ist angesagt. Später fahren wir mit dem PW zum Startplatz, wo Adi und Leo unser Grüppchen weiter anwachsen lassen.
Die ersten, die sich raustrauen, saufen ab und müssen wieder hoch geholt werden.
Da es nicht so aussieht, als ob es noch besser würde - es ziehen
immer mehr Zirren rein - fliegen Urs und ich auch raus und müssen
nach 20' landen gehen.
Von denen, die es nochmals versuchen, schaffen es Roland und Schufi
als einzige aufzudrehen und werden dafür mit einigen Stunden
Rundflug hoch oben belohnt. Wir anderen müssen unten im Kaffee
neidisch zusehen...
Dafür geniessen wir auch heute wieder ein gutes Essen in der
Altstadt von Annecy.
Di, 3.4.2007 St.Hilaire
Widerwillig wachen wir zu Schufis TV zapping auf, aber er hat ja recht, auf geht's
nach St.Hilaire! Das Wetter sieht zwar schlecht aus: Überall
soll's heute irgendwann mal regnen.
Tatsächlich ist es ziemlich bedeckt, als wir ankommen. Trotzdem
fahren wir mit der steilen, alten Funiculaire hoch.
Der Startplatz ist wieder mal der französiche Überhammer: Wunderschöner
Kunstrasen, eingefasst und mit Zuschauerbänken versehen!
Dafür wird der Himmel immer bedeckter und die ersten starten
schnell raus. Kommt der Regen oder nicht? Adrian, Leo und Roland
versenken sich und haben Glück, dass sie mit einem netten Piloten
wieder hoch können.
André konnte ein wenig Höhe machen, also schleichen Urs,
Schufi und ich auch der Felswand nach, als endlich der Regen einsetzt.
Macht nichts, es hört schon bald wieder auf, nur leider fliegen
wir immer tiefer und tiefer. Eigentlich würde ich ja schon landen
gehen, aber solange Urs nicht aufgibt, kratze ich auch noch den Büschen
entlang...
Da - ein Sonnenstrahl! Sofort können wir eindrehen, und es
geht rauf. Von dem Moment an trägt die Felswand; meist ruppig
zwar, aber zuverlässig.
Alle fliegen bis zum Abwinken. Ich lande nach 1.5h am hinteren Startplatz rein und
esse etwas kleines. Auch Leo gesellt sich zu mir. Der erneute Start
gestaltet sich schwierig, weil die Kante vorne die Luft von hinten
über den Platz zieht. In einer ruhigen Phase reissen wir den
Schirm hoch, hechten raus und über der Kante katapultiert es
uns umgehend an die Basis.
Ich tue es den Akropiloten gleich und nütze den zuverlässigen
Lift für etwas SAT Training.
Auf 1500m erkundige ich hinter Roland her die Gegend, bevor wir
uns alle endgültig zum Landeplatz begeben. Das war super!
Nach einem wohlverdienten Bier ziehen wir weiter nach Larange, wo wir im Hotel wie alte Bekannte begrüsst werden. Spät in der Nacht stossen Manuela, Christian und Alfredo zu uns.
Mi, 4.4.2007 St.Vincent
Es regnet, also kaufen wir den Sportdiscounter in Gap leer. Während sich Herzogs
und Adrian dann auf dem Bike stressen, drücken wir zum Ausgleich
Schokoladekuchen runter und fahren nachher nach St.Vincent, einem
kleinen Dorf hoch über dem Lac de Serre-Ponçon. Christian
macht Null-Wind-Groundhandling, ich fotografiere, die anderen sind
im Restaurant.
Irgendwann beschliessen wir, doch noch zu fliegen. Soared können
die einen toplanden, für Fredy, Leo und mich reichts nicht und
wir fliegen zum See oder zur nächstgelegenen Wiese runter.
Beim Holländer oben in St.Vincent gibt's ein zwar nicht
ganz billiges, dafür umso reichhaltigeres Abendessen, bevor
wir das Nacht-Bergrennen zurück nach Laragne hinter uns bringen.
Do, 5.4.2007 St.Vincent
Wieder ist Nordwind angesagt, und wir begeben uns nach Frühstück und Frühsport
wieder nach St.Vincent. Bis die Thermik einsetzt geniessen wir die
Sonne und Sandwiches.
Die Luft ist dann sehr selektiv: Je nach Glück und Können
beamt es die einen sofort hoch, die anderen mogeln sich wieder oben
rein oder müssen von den verschiedenen Wiesen zurückgeholt
werden. Manchmal geht es einige hundert Meter hoch und stellt dann
doch wieder ab!
Beim dritten Anlauf geht's dann auch bei mir hoch: Vom Startplatz
auf 2500 in einem Schlauch! Stundenlang fliegen wir die umliegenden
Berge ab, wobei Steigwerte bis 8m keine Seltenheit sind. Während
wir auf etwa 2900 kommen, berichtet Fredy gar von Basishöhen
über 3600 weiter im Norden, wo er sich rumgetrieben hat.
Am Startplatz treffen inzwischen weitere PARAnoias ein: Carsten, Adrian Lutz, Martin
und Alex haben die lange Fahrt aus der Schweiz hinter sich und wollen
auch noch in die Luft. Leider geht es nicht mehr ganz so gut, und
so müssen sie sich zum Anfang mit einem kürzeren Hüpfer
begnügen.
Ein weiteres gutes Essen später geht's zurück ins
Hotel (oder zu 'einem letzten Schlummi').
Fr, 6.4.2007 Laragne
Heute morgen zeigt der Blick aus dem Fenster schon blauen Himmel, und der Wind scheint auch eingeschlafen zu sein - ein perfekter Tag also für die Hauskante von Laragne, dem Chabre. Leider kriegen wir keinen Transport und müssen uns in drei Autos quetschen, um hochzufahren.
Der Chabre ist eindrücklich: eine lange Krete mit steiler Nordflanke und mittelsteilem
Südgelände. Nach dem Mittag beginnt die Flanke gut zu ziehen,
und nach und nach starten alle PARAnoias raus. Sobald die Schirme
an der Basis sind, zerstieben sie in alle Winde: West der Kante entlang,
Nord zum nächsten Berg oder gar nach Ost Richtung St.Vincent!
Ich heize der Kante entlang nach Westen, drehe dann gegen Nordost
und versenke mich nach einer Querung im Lee eines Kessels, von wo
ich mich gerade noch so rausmogeln kann. Leider muss ich dann landen,
und ein längerer Fussmarsch ist angesagt, bevor mich Christian
netterweise holen kommt.
Dann müssen erst mal noch die Autos vom Berg runter gefahren werden. Wie wir
wieder im Dorf sind, sitzen die meisten schon beim Bier auf dem Dorfplatz,
und die anderen sind sicher gelandet und schon im Hotel oder auf
dem Rückweg.
Es war ein schöner Tag mit Basis gegen 3000m und super Aussicht!
Das Feinschmeckerrestaurant zum Abendessen hat zwar nicht mehr den Charme des Ein-Mann-Für-Alles-Betriebs wie in den Jahren zuvor, aber die gebotene Haute-Cuisinie mundet hervorragend!
Sa, 7.4.2007 Laragne
Leider ist dies schon der letzte Ferientag für Christian, Urs, Adi und mich.
Wir werden heute einen - nicht all zu langen - Flugtag geniessen
und uns dann auf den langen Heimweg machen. Zuerst müssen
wir aber das abenteuerliche Navette überleben, dass uns auf
den Chabre bringt: Seit PARAnoia hierher kommt - immerhin schon
etwa 13 Jahre - sind die gute Frau und ihr klappriges Büsschen
die einzige Konstante in Laragne!
Als sich unsere Chauffeuse beim Einbiegen in die Bergstrasse dann
aber losschnallt, um im Falle eines Falles schneller aus der Karre
zu kommen, wird mir hinten drin schon etwas mulmig. Ich werde aber
von den Veteranen beruhigt, sie macht das offenbar schon immer
so und bisher musste sie noch nie zur Tür raus... Na ja, die
Strasse ist ja im Hinblick auf die kommende Drachen-(Vor-)WM ausgebaut
und geteert worden und offenbar kein Vergleich mehr zu den wirklich
abenteuerlichen Zeiten!
Schlimmer triffts Carsten: Der arme wurde strategisch geschickt
neben unsere Fahrerin plaziert, die ihn pausenlos heftigst gestikulierend
vollquasselt. Dabei stören sie weder seine panischen Blicke
nach hinten noch die Tatsache, dass der gute der französichen
Zunge leider nicht mächtig ist und keine Wort versteht...
Schliesslich kennt das Auto den Weg ja auch alleine!
Auf dem Chabre herscht heute mehr Betrieb. Doppelt peinlich, dass ich den ersten
Start vermassle und dabei so richtig auf die Schnauze falle :-(
Beim zweiten Mal klappt's besser und ich bin bald mit Adi
an der Basis und fliege ein wenig der Krete entlang. Wie ich dann
aber nach dem zweiten Schlauch kräftig in den Speeder trete,
reisst mir die Schnur am Schäkel ab. Sche...! Genau davon
hat doch heute morgen André erzählt, und wie er gestern
im Flug mit einem Megagefummel das Ding provisorisch repariert
hat. "Das könnte ich nie" war meine Bemerkung darauf...
Da ich mit Adi, der mich mit nach Hause nimmt, ausgemacht habe,
dass ich entweder beim Auto oder auf dem Heimweg nordwärts
lande, will ich sowieso nicht zu weit ins Hinterland und nehme
halt von 2200m aus die grosse Querung im blauen Himmel in Angriff.
Da kann ich ja auch mal fummeln. Tatsächlich schaffe ich es,
die Leine so wieder zu vertauen, dass der Speeder funktionstüchtig
wird! Immerhin etwas - dafür ist der Himmel leider wirklich
sehr blau: Thermik finde ich am angepeilten Hügel keine, die
steht schön mit Wolken markiert über den Kreten im Hinterland
:-)
Schnell die nächste Querung zum Antennenberg. Dort komme
ich auf 1000m an und kratze eine halbe Stunde rum, bis ich wieder
auf 2800 bin. Das war zugleich die letzte Thermik für heute:
weiter nördlich am Pass ist's am Entwickeln und so gleite
ich mit gigantischer Aussicht auf die umliegenden Berge und Schluchten
über Serres der Route Napoleon entlang aus. Dabei reizt es
mich ziemlich, auf dem kleinen Flugfeld zu landen, das gerade nicht
viel Betrieb zu haben scheint, aber die Vernunft siegt und ich
lasse die schöne Piste zu Gunsten einer unspektakuläreren
Landewiese an mir vorbei ziehen.
Auch Adi ist schon gelandet und schon bald lädt er mich auf und wir fahren entspannt
Richtung Heimat.
Das waren wieder mal geniale Flugferien: Jeden Tag waren wir in
der Luft, und fast immer waren es wunderschöne Flüge.
Zugleich bin ich jetzt hoffentlich wieder gut trainiert für
die alpine Frühlingsthermik, die uns hoffentlich schon bald
zu Hause erwartet!
Danke, Roland, für das Organisieren!