PARAnoia im Engadin '04
Scuol 04
Einmal mehr machen sich die PARAnoianer im Mai auf ins Unterengadin: die einen, um in kräftiger Frühlingsthermik die ersten Streckenkilometer zu jagen, die anderen, um ihr Tuch in der frischen Alpenluft so richtig vom Winterstaub zu befreien.
Dank Nicoles guter Organisation und Petrus' schönem Wetter
wird unser Pfingstausflug dieses Jahr zu einem veritablen Grossanlass,
und mit über zwanzig Personen sprengen wir die Kapazität
des hübschen Hotels Alpenrose und erreichen schon beinahe Fiescher
Verhältnisse.
Vorne weg: Samstags und Sonntags konnte man fliegen, am Montag war
nix mehr los.
Jetzt aber der Reihe nach...
Fr 28.Mai 2004 : Ankunft
Unter den PARAnoianern gibt es offenbar wenig Frühaufsteher. Anders
ist es kaum zu erklären, dass schon am Freitagabend im Heidiland
das erste Fliegerlatein zum besten gegeben wird und unser Hotel im
Scuol bald prall voll ist.
Eine unheimliche Begegnung der alkoholisierten Art dürfen Schufi,
André und Urs um Mitternacht in einer Bar über sich ergehen
lassen. Gemeinhin unterschätzt man ja die Auswirkungen, die
männlich lange Haare auf die weibliche Bevölkerung haben
können! André wird das ganze Wochenende brauchen, um das
Erlebte zu verdauen...
Sa 29.Mai 2004 : Aufwärmflüge
Der Blick aus dem Fenster zeigt - Grau! Zudem ist noch Bise angesagt.
Gleichzeitig strahlen mir die Wetterbilder aus der Flimmerkiste wolkenlos
entgegen. Haben wir wirklich die einzige Ecke der Schweiz erwischt,
wo es heute nicht fliegbar sein soll?
Beim Frühstück lassen wir uns von so Kleinigkeiten natürlich
nicht den Appetit verderben. Grosse Pläne werden geschmiedet:
Das mystische Dreieck Scuol-Landeck-Arlberg-Klosters-Scuol wird genauestens
studiert und Adrian muss unzählige Male die topographischen
Details seines Engadin-Achensee Fluges dozieren.
Bei der Auffahrt zur Motta-Naluns kommen wir der Basis schon so nahe,
dass wir uns im Restaurant verkriechen, um keine Luftfahrtsregeln
zu verletzen. Schon bald aber putzt die Sonne die Wolken weg und
alle begeben sich zum Startplatz, um die ersten Winddummys zu beobachten,
die sich immerhin eine Viertelstunde halten können.
Das genügt unseren Cracks und Fredy warnt zudem vor einem zu
späten Start. Offenbar hat die Thermik hier die unangenehme
Eigenschaft, die Luft von hinten über den Startplatz zu saugen,
was das Starten nicht gerade begünstigt. Heute braucht es das
aber nicht mal - die Bise drückt nämlich auch sonst ab
und zu von links über den Startplatz, was einige abenteuerliche
Startversuche zur Folge hat.
Immerhin, wir PARAnoias machen uns gut und kommen alle vorbildlich
weg. André zeigt zwischendurch sogar, dass ein guter Pilot mit
seinem Tuch auch Kite-surfen kann. Erst recht, wenn es einem den
Aufstieg auf den Starthügel vereinfacht!
Urs und Adrian fliegen vorne weg, alle anderen hinterher. Zeno und
ich grüssen höflicherweise zuerst die Tannen, bevor es
auch bei uns aufwärts geht.
Gegen Osten das Tal runter geht heute offenbar nicht, die Bise drückt
zu stark. Die ersten sind dann auch schon zurück und die meisten
fliegen Richtung Flüela. Das geht anfangs - weil mit Wind -
recht einfach, und die Basis steigt auch schon über 3000müM.
Zudem steht über dem Piz Cotschen eine schöne Wolke, die
uns kaum wieder runter lässt.
Wer aber zu früh losgezogen ist, muss heute büssen. Bei
Lavin stehen die ersten schon wieder am Boden und müssen zusehen,
wie die anderen eine halbe Stunde später über sie weg fliegen.
Doch auch diese müssen kämpfen: vor mir sehe ich den Spitzenpulk
gegen Zernez versaufen und wer nicht rechtzeitig umkehrt, muss mit
der Bahn zurück.
Gewarnt wechsle ich die Talseite und versuche, mich dort wieder
hoch zu arbeiten. Bald stossen André und Schufi zu mir, und
gemeinsam finden wir die Thermik. Die beiden schaffen den Rückweg
nach Scuol, André auf der Südseite, Schufi zurück
auf der Nordseite. Ich entscheide mich für die Landung beim
malerischen Ardez, wo ich prompt von Werner abgeholt werde.
Der Himmel ist jetzt strahlend blau und einige nutzen die Gunst der
Stunde zu einem gemütlichen Rundflug im Tal, wo es fast auf
4000müM rauf geht! Jürg kann dabei endlich sein neues Tuch
testen, dass ihm heute morgen extra über den Flüela geliefert
wurde.
Nach einem gutem Abendessen in Sur En hauen sich alle aufs Ohr, denn
morgen sollen die Bedingungen besser werden. Alle? Nein, einige Unentwegte
bringen das lokale Bargeschäft zum Florieren und bezahlen am
nächsten Morgen mit Kopfweh %-(
So, 30.Mai 2004 : Wie weit lassen sich PARAnoianer verstreuen?
Schnell hoch nach dem Frühstück, schliesslich soll die Bise
heute abschwächen und in Westwind umschlagen!
Uns empfängt blauer Himmel über dem Unterengadin. Vom
Westen ziehen aber schon die ersten Zirren auf, darum starten alle
schnell. Wir kommen gut weg, nur Alex kämpft sich lieber als
Tiefflieger durch die Landschaft.
Alle zieht es das Tal runter, Richtung Nordosten und Österreich.
Peter Greis und ich drehen zusammen hoch und machen uns auf die Verfolgung.
Wir treffen Zeno, Werner und Alex, der sich darauf besonnen hat,
doch ein wenig höher zu fliegen, und zusammen nehmen wir die
nächsten paar Kreten. Peter versucht es auf der Südseite,
hat da aber wenig Glück (oder Geduld?) und gönnt sich und
Monika dafür noch einen Tandemflug. Werner versenkt sich beim
Piz Spadla und kehrt zurück und auch ich brauche länger,
und fliege den anderen hinterher. Beim Muttler begegnen wir Urs.
Der müsste eigentlich schon längst über alle Berge
sein! Offenbar hatte er einen Knoten in den Leinen, der ihn ungebührlich
lange aufgehalten hat.
Weiter geht's der 3000er Krete entlang zum Piz Mundin, ich fliege
zwischen 2800 und 3600 müM und geniesse die wunderschöne
Aussicht über tausende von Gipfeln, auf allen Seiten verstreut
so weit das Auge reicht. Selten ist mir die Grösse der Alpen
so bewusst geworden, wie heute. Nur schade, dass mich die Batterien
der Kamera im Stich lassen...
Jetzt steht die Querung zum Kreuz Joch und damit die Überquerung
der Landesgrenze nach Österreich an. Inzwischen sehe ich keine
anderen PARAnoianer mehr: Urs und Zeno sind umgekehrt und fliegen
auf der anderen Talseite ins Oberengadin, Alex ist mir auf und davon,
fliegt bis vor Landeck und kehrt mit vier Autostopps wieder heim.
Mich umkreisen einige Segelflieger, die offenbar wenig Respekt vor
steilen Felswänden haben. Nochmals kräftig Höhe getankt
und los geht's. Beim Kreuzjoch komme ich schön in den Kessel
und kann problemlos an den Schafen vorbei aufsoaren und über
dem Gipfel Höhe machen. Die nächsten Kreten sind auch noch
kein Problem, aber dann mache ich den Fehler, nicht den höchsten
Bergen zu folgen sondern wähle die 'Abkürzung'
über die Ebene des Skigebietes Serfaus. Der Nordwind macht kurzen
Prozess mit mir und spült mich mitten rein, wo ich nicht mal
mehr ins Tal raus kann, und so muss ich neben der Bergstation auf
2000müM landen...
Autsch, Landeck wäre so nahe gewesen. Nur eine Krete hätte
ich noch überfliegen müssen! Vielleicht wäre es sogar
wieder zurück gegangen, wie André es vorgemacht hat. Und
nun stehe ich da und habe nicht mal einen Euro im Sack.
Na ja, der Bähnler lässt mich gratis runter fahren, Bancomaten
gibt es auch, und mit mehreren Postautos und viel Warten komme ich
sogar wieder über die Grenze nach Martina im Engadin. Hier zeigt
sich, das Schufis Haare wirklich einzigartig sind: ich erkenne ihn
gerade noch beim Einsteigen in ein Auto und kann mich auch noch anhängen.
Der freundliche Gleitschirmpilot bringt uns netterweise bis vor unser
Hotel, wo wir gerade recht zum Duschen und Nachtessen kommen.
Schufi hat's besonders verdient, wurde er doch an der Österreichischen
Grenze mit den Worten "Fünf Minuten bis in die Schweiz"
ausgesetzt und durchwanderte dann eine Stunde lang die Inn-Schlucht.
Das nächste Mal wird er sich wohl das Pinkeln etwas länger
verkneifen und den Weg lieber fliegend zurücklegen...
Apropos Harndrang: Ob an dem Gerücht wohl was dran ist, dass
auch andere Leute - sehr zum Unwillen Ihrer Mitflieger - die Gipfel
unserer schönen Berge für Pinkelpausen missbrauchen?
Am weitesten weggeflogen ist heute übrigens Adrian. Er schafft
es mit seinem 1-2er doch tatsächlich, über Landeck bis
über den Arlberg zu fliegen. Zurück kommt er dann mit Autostopp
und Zug bis Landeck, wo er von André mit dem Auto abgeholt wird.
André macht am meisten Punkte, weil er Landeck-retour schliessen
kann.
Pech hat Fredy, der mitten im Flug die Sportart wechselt, auf den
Fallschirm umsteigt und zum Glück unversehrt auf einer Alp landen
kann.
Am Abend konnen wir alle unseren Hunger mit grossen Pizzen stillen
und - "morgen fliegt's eh nicht!" - die nächste
Bar überrennen.
Mo, 31.Mai 2004 - Regen, im Rest der Schweiz
Durchzogen sieht es aus, am Morgen. Der Rest der Schweiz ist schon
fest im Griff des Regens, und auch hier wird es bald mal nass werden.
Niemand hat Lust auf einen schnellen Morgenflug, und so verabschieden
wir uns und fahren nach Hause.
Ein herzliches Dankgeschön an Nicole, die für den diesjährigen
Ausflug nach Scuol verantwortlich zeichnete.
Vielen Dank auch an die Familie Gisep von der Alpenrose für
die zuvorkommende Aufnahme der PARAnoia Horde.
CU next year, Scuol!
Marcel Bucher, am 2.Juni 2004
 
Dabei waren im Engadin 04:
Irma & Zeno Bauer
Ueli Baumgartner mit Freundin
Christine Becker
Marcel Bucher
André Bussmann
Peter Greis
Alex Huber
Werner, Rowena und Rio Reisberger
Michael Schaufelberger
Nicole Schmied & Urs Herzog
Fredy Studer mit Judith und Marvin
Leo Tomaselli und Urs
Dani Wirz mit Monika
Jürg Wolf
Wibke Apholt und Peter Gassmann von den Iisvögel